Segelverein MARE INCOGNITA
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Was bisher geschah –
​berichte von vergangenen Törns!

Törnbericht Ålesund–Stavanger

25/10/2024

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Von Pascal Keel (Skipper) und Michael T. Ganz (Rewriting) ​Alles beginnt etwa zwei Monate vor dem Törn, als ich realisiere, dass mit der norwegischen Westküste zwar ein wunderschönes Revier mit extrem vielen Inseln und Fjorden vor uns liegt, wir jedoch kaum Zeit finden werden, all dies wirklich zu geniessen. Denn für die rund 300 Seemeilen lange Strecke haben wir gerade mal eine Woche Zeit.
 
Ich beginne zu rechnen. In den Fjorden kann ich nicht mehr als 5 Knoten Fahrt erwarten. Hell ist es nur von 7 bis 19 Uhr. 300 Meilen durch 10 Stunden, das ergibt sechs Tage Fahrt ohne Unterbruch, damit wir am Freitagabend rechtzeitig in Stavanger sind.
 
Kommt für mich nicht in Frage. Die Gegend ist zu schön, um einfach nur an ihr vorbei zu schippern. Also schmiede ich einen kühnen Plan: Ich will samstags mit dem prognostizierten Nordwind so früh wie möglich auslaufen und gleich bis nach Fedje durchsegeln. Fedje liegt etwa auf halber Strecke. So könnten wir danach mehr Zeit in den Fjorden verbringen und auch Landgänge machen.
 

Ein allzu kühner Plan vielleicht?
 
Die Realität ist: Wir laufen erst um 21 Uhr aus. Wenn sechs von sieben Crewmitgliedern neu dazu stossen, gibt es vorerst viel zu verstauen und zu verstehen. Ablegen und Segelsetzen klappen gut, der Wachplan scheint zu funktionieren. Vorerst jedenfalls. Denn nach rund zwei Stunden kommen die ersten Wellen; es sind Dreimeterberge angesagt. Die Seekrankheit schlägt sofort zu, zwei Crewmitgliedern geht es schlecht. Ich habe die Situation ganz offensichtlich unterschätzt. Ohne Angewöhnung gleich auf eine lange Etappe zu starten, das geht wohl nicht. Kurz vor Schichtwechsel entscheide ich mich deshalb für Plan B: Wir werden nach 20 Seemeilen schon ankern.
 
Der Motor soll uns helfen, aus dem Fjord zu gelangen. Doch er will kein Kühlwasser ziehen. So segeln wir bei Halbwind viermal den Fjord hoch und wieder runter, mal mit 7, mal mit 2 Knoten Fahrt. Nach drei Stunden beschliessen wir, unter Segel zu ankern. Doch da springt der Motor plötzlich wieder an, das Kühlwasser sprudelt. Eine halbe Stunde später hängen wir an der Kette. Gute Nacht um fünf Uhr morgens!
 

Der Anker will und will nicht halten
 
Bis zum frühen Sonntagnachmittag ist der Ladeluftkühler des Motors wieder sauber. Danach folgt eine ordentliche Creweinführung bei Tageslicht: Wir lernen die verschiedenen Tücher kennen und üben das Segelsetzen. Dabei legen wir nur eine kurze Strecke zurück und ankern an einem schönen Ort, allerdings mit mässig gutem Ankergrund. Doch wir sind zu müde, um uns noch weiter umzusehen.
 
Der Wind kommt früher als erwartet, und der Anker hält tatsächlich nicht. Nachts um vier müssen wir die «Passage» versetzten. Diesmal greift der Anker besser, wir schwojen jedoch immer wieder um 180 Grad – eine Frage der Zeit also, bis wir auch hier wieder rutschen. In der Zwischenzeit ist Montag und endgültig Zeit, endlich etwas mehr von den 300 Seemeilen hinter uns zu bringen. Leider hat der Wind auf Süd gedreht, aber immerhin bläst er mit 25 bis 30 Knoten. Bei 2 bis 3 Metern Welle kreuzen wir vor der Küste Richtung Fedje.
 

Die Genua macht sich selbständig
 
Fünf Stunden lang funktioniert es gut. Dann rollt sich die Rollgenau im oberen Teil etwas aus. Das Bisschen Tuch sorgt für ordentliche Schläge ins Rigg. Wir gehen auf Vorwindkurs, um die Genua auszurollen – ohne Erfolg. Auch der Plan, die Genua unter Motor wieder einzurollen, schlägt fehl. Bei dem hohen Wellengang ist die Maschine trocken gelaufen und will nicht mehr anspringen. Es gibt also nur noch eines: Wir müssen näher an Land, um Wind und Welle zu reduzieren.
 
Während all der Manöver bin ich vor allem auf dem Vorschiff und bekomme nicht mit, wie sich Einzelteile des Segels lösen und davonfliegen – so jedenfalls schildern es mir nachher die Crewmitglieder im Cockpit. Auf der Fahrt Richtung Land wird dann auch noch das zweite Vorsegel in Mitleidenschaft gezogen.
 
In etwas ruhigerem Wasser prüfen wir den Impeller und füllen das Kühlwasser auf. Nach mehreren Versuchen springt der Motor wieder an. Mittlerweile ist es Abend, und wir beschliessen, den nächsten Hafen in 10 Meilen Distanz anzulaufen. Erst im flachen Wasser gelingt es uns, die Genua um etwa 20 Drehungen einzurollen und mit dem Spifall zu sichern. Laut Wetterprognose soll es am Dienstag windstill sein, wir werden die Genau demnach problemlos bergen können. Wir legen am grossen Betonpier von Silda an und geniessen endlich eine ruhige Nacht.
 
Platz da, der Helikopter kommt
 
Am Morgen weckt uns lautes Knattern. Ein Helikopter schwebt vor der «Passage» und dreht dann wieder ab. «Der wollte wohl auf dem Pier landen», witzelt Niclas. Und genau so ist es. Einheimische empfehlen uns, sofort abzulegen. So sind wir also Minuten später bereits wieder unterwegs nach Süden. Endlich gelingt es uns, die defekte Genua zu bergen. Stunden später legen wir in Askvoll an.
 
Ein Helikopter schwebt vor der «Passage» und dreht dann wieder ab. «Der wollte wohl auf dem Pier landen»,

Leider ist der Hafen nicht tief genug für die «Passage», sodass wir um drei Uhr morgens weiter müssen. Eine klare Sternennacht beschert uns eine traumhaft schöne Fahrt durch die Fjorde. Der Wind bleibt leider den ganzen Vormittag aus, auch ausserhalb der Fjorde. So kommt es, dass wir erst am Mittwochmorgen Fedje erreichen, 72 Stunden später als ursprünglich geplant.
 
Am Nachmittag kommt dann Wind auf und lässt uns noch ein Stück weiter kommen. Freude am Segeln auf der einen, Druck Strecke zu machen auf der anderen Seite – es ist eine Gratwanderung. Wir erreichen eine Bucht, die uns als Ankerplatz perfekt erscheint. Doch einmal mehr hält der Anker nicht, die in der Seekarte eingetragene Boje existiert nicht mehr, und der kleine Steg ist schon voll besetzt. Es bleibt uns nur der nächste Hafen.
 

Endlich ein perfekter Segeltag
 
Der Donnerstag bringt viel Abwechslung, von der schmalen und untiefen Fjorddurchfahrt bis hin zu gutem Wind und grossen Schiffen. Zum Abschluss finden wir sogar noch eine echt romantische Ankerbucht. Damit bleibt uns dieser Donnerstag als wohl erfolgreichster oder zumindest problemlosester Tag der Törnwoche in Erinnerung.
 
Am Freitag sind es noch 30 Seemeilen bis Stavanger. Um 10 Uhr morgens legen wir an. Wir bringen die ramponierten Tücher sogleich zum Segelmacher und erhalten gleichentags noch die Reparaturofferte. Schon am Samstag sollen sie wieder geflickt sein.
 
Diesen Törn werde ich nicht so schnell vergessen. Er hinterlässt gemischte Gefühle. Immerhin, die Bilanz ist positiv, haben wir doch sämtliche Zwischenfälle – auch die Havarie mit den Vorsegeln – gut unter Kontrolle gebracht.
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