DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Die SY PASSAGE ist ein Rennboot und benötigt für jedes Manöver viele Hände. Rollfock, elektrische Winschen und ähnliche Segelhilfen gibt es keine. Das Boot ist zweckmässig, aber spartanisch eingerichtet. Es bietet keine Privatsphäre und verlangt von der Crew Toleranz und Teamgeist.
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Die SY PASSAGE wurde für das Whitbread Round the World Race 1989/90 gebaut, die erste Segelregatta rund um die Welt. Von 1998 bis 2018 hiess diese Volvo Ocean Race, seit 2023 The Ocean Race
und gilt als eine der anspruchsvollsten Regatten überhaupt. Die teilnehmenden Yachten sind für härteste Bedingungen konzipiert. Die SY PASSAGE ist deshalb trotz ihrem Alter ein überdurchschnittlich robustes und sicheres Schiff, das sich für Törns in arktischen Gewässern eignet. Die SY PASSAGE nahm u.a. an der Antigua Sailing Week, am Blue Cup, Hong-Kong-Challenge, ACR und Fastnet-Race teil. Daneben war sie fast pausenlos unterwegs und brachte zahlreiche Törngäste in die entlegensten Winkel der Welt. Nach einem Refit 2009 ist die Yacht auch heute noch gut im Schuss und beweist Jahr für Jahr ihre grosse Zuverlässigkeit und ihre hervorragenden Segeleigenschaften: Trotz ihren 15 Tonnen ist die SY PASSAGE fast so wendig wie eine Jolle. |
DIE «PASSAGE», UNSER EXPEDITIONS-SCHIFF
"A ship in harbour is safe, but that's not what ships are built for."
KOMFORT:
Die «Passage» wurde als Ocean Racer für das 1990er «The Whitbread Round the World Race», dem Vorläufer des «The Ocean Race» konzipiert. Im Vordergrund standen die Seetüchtigkeit (EPIRB etc. gab es damals noch nicht) und die Segeleigenschaften und zuletzt der Komfort für die Crew. So wurde die gesamte Maschinerie (Motor, Generator, Batterien, Wassermacher, usw.) im Zentrum des Schiffes untergebracht, um die Stampfneigung des Schiffes bei Seegang zu minimieren. Die Crew muss infolgedessen auf einen auf Charteryachten üblichen Salon mit komfortabler Polstergarnitur, Esstisch und so weiter verzichten.
Nebst der spartanischen Skipperkabine im Bug, die ich mir mit allerlei Gerätschaften teile – mitunter auch mit nassen Segeln – , haben wir achterlich nur eine gängige Doppelkoje eingebaut, der Rest der Crew schläft auf segeltuchbespannten Rohrkojen, die bei Lage oder Seegang allerdings sehr komfortabel sind: Erstens, weil sich deren Neigung mittels Seilzügen ajustieren lässt, sodass man immer horizontal liegt und zweitens, weil diese Kojen nicht ganz im Heck, sondern nahe beim Drehpunkt des Schiffes positioniert sind. Letzteres verhindert, dass die Crew im Unterschied zum Bewohner der Skipperkabine beim Stampfen des Schiffes nicht wie ein Ping-Pong-Ball hoch und nieder geschleudert wird.
Um ein wenig Komfot zu bieten, haben wir eine leistungsstarke (8 Kilowatt) Eberspächer-Dieselheizung eingebaut, die das Schiff warm und trocken hält, zudem einen Warmwasserboiler, damit die Crew ab und zu warm duschen kann. Wir führen etwa 700 Liter Frischwasser mit, zudem einen leistungsfähigen Wassermacher, der je nach Salinität – die in den Fjorden aufgrund der schmelzenden Gletschern zunehmend geringer wird – zwischen 80 und 140 Liter Trinkwasser produziert. Damit wir es uns auch in kulinarischer Hinsicht gut geht, sind wir mit zwei grossen Tiefkühltruhen und einem Vierflammenherd mit Backofen ausgestattet, in dem regelmässig Brot und öfters auch Kuchen gebacken werden. Wir haben eigentlich immer den einen oder anderen, der oder die gerne und ausgezeichnet kocht, sodass wir bei leichten Bedingungen oder vor Anker leckere Zwei- oder Dreigangmenüs geniessen. Wein, Bier und Spirituosen haben wir auch dabei und wer rauchen will, kann dies im Cockpit tun.
SEETÜCHTIGKEIT UND SICHERHEIT:
Die Passage ist 18 Meter lang und 5 Meter breit. Die Länge erlaubt ihr eine anständige Rumpfgeschwindigkeit und die Breite unterstützt das aufrichtende Moment der 7 Tonnen Blei, die am Kiel – Tiefgang 3,1 Meter – angebracht sind. Sie kann deswegen sehr viel Segel tragen, ist bis zu einer Neignung von 155° selbstaufrichtend und kann in der Praxis nicht durchkentern. Der 23 Meter hohe Aluminiummast wird durch vier gelenkig gelagerte Salinge und durch ein «discontinous rod rigging» mit einer Spannung von 18 Tonnen stabilisiert. Baumniederholer, Achterstag, Innerstag und Babystag werden hydraulisch bedient. Die beiden letzteren erlauben, in Abstimmung mit den beiden über Winchen bedienten Backstagen, das kontrollierte Biegen des Mastes zwecks Flachtrimmung des Grosssegels bei Amwindkursen.
Das laufende Gut wird mittels 12 Winchen bedient, zwei davon – die Genoawinchen – können via Coffeegrinder bedient werden. Wir haben ein durchgelattetes Gross, dessen Vorliek mit kugelgelagerten Mastrutschern geführt wird, was Hissen, Bergen und Reffen erleichtert. Am Vorstag fahren wir eine 100%-Rollgenua, am Innerstag ein Starkwindsegel (bei ganz harten Bedingungen eine Sturmfock) und am Bugspriet können wir sehr leicht einen top down Code Zero setzen. Bei Flaute verlassen wir uns auf unseren neuen 75-PS-Volvo-Penta-Diesel, der seine Kraft an einen ebenfalls brandneuen 4-Blatt-Verstellpropeller von SPW weitergibt. Das Heck ist schmal und nicht voluminös, sodass es bei nachlaufender See durch den Auftrieb nicht angehoben wird und das Schiff nicht aus dem Ruder läuft. Der Preis, den man dafür zahlt: keine luxuriösen Kabinen mit Stehhöhe im Heckbereich, wie man sie von 15-Meter-Charteryachten kennt.
Rempler und Kollisionen mit Growlern (Bruchstücke von Eisbergen, die mehrere Zentner wiegen können) sind in der Arktis unvermeidlich, zumal wir grossen Wert darauf legen, bis tief in Fjorde unter Segel vorzudringen. Nach unseren sechs Expeditionen in die hohe Arktis, wobei wir zweimal bis über den achtigsten Breitengrad vorgestossen sind, sieht man dem Aluminiumrumpf der Passage auch an: Ihr Rumpf ähnelt mehr dem Antlitz eines alten Haudegens als dem Schneewittchenweiss einer Polyester-Charteryacht. Aluminium ist zwar duktiler als Stahl – d.h. es beult tiefer ein als Stahl, absorbiert jedoch mehr Kollisionsenergie bevor es einreisst.
Zusätzlich zum Kollisionsschott im Bug, das normalerweise als Ankerkasten dient (den wir aber auch weiter nach hinten verlegt haben), ist die Passage anstelle der üblichen Tür, die Salon und Vorschiff trennt, mit einem wasserdicht verschliessbarem Kollisionschott ausgestattet, welches das Schiff im Falle eines grossen Lecks im Bugbereich nicht nur schwimmfähig, sondern auch noch manövrierfähig halten würde. Man bewegt sich somit nicht aufrechten Hauptes, sondern jeweils in sehr, sehr gebückter Haltung vom Salon ins Vorschiff oder vice versa, was positiv betrachtet ein obligates Fitnessprogramm für die Mannschaft ist.
Der Verzicht auf einen mannshohen Durchgang erlaubt aber auch einen steifen Bulkhead, somit eine extrem solide Verbindung der Punkte, die bei Sturm die grössten Kräfte aufnehmen, namentlich der Püttinge, an denen die Wanten (discontinous rod rigging) auf jeder Seite mit 9 Tonnen vorgespannt sind, des Mastfusses, des Kielschweins (mit dem der Kiel mit 7 Tonnen Blei in 3 Meter Tiefe verschweisst und nicht etwa angebolzt ist). Diese bombenfeste Konstruktion schliesst den Verlust des Kiels – etwas vom Übelsten, was einem Segler zustossen kann – selbst bei sehr harten Grundberührungen oder Kollisionen mit Growlern praktisch aus.
Im Unterschied zu einem Langkieler ist unser Spatenruder – wie bei anderen auch – nur bedingt vom Kiel geschützt. Es ist allerdings eine extrem robuste Konstruktion. Das Blatt ist eine Aluminiumkonstruktion während der Chromstahlschaft einen Durchmesser von 14 cm aufweist und zudem auf grosser Länge – unten am Rumpf und oben auf Deckshöhe – gelagert ist. Seitdem wir 2014 im völlig vereisten Hafen von Illulissat bei jedem rückwärts Ablegen minutenlang mit voller Kraft tonnenschwere, ineinander verkeilte Growler mit dem Ruderblatt beiseite schieben mussten, ist mein Vertrauen in das Ruder immens gewachsen.
Seit der Titanic weiss man, kein Schiff ist unsinkbar. Selbstverständlich haben wir zwei Rettungsinseln dabei, eine 8-Mann und eine 4-Mann, die alle drei Jahre geprüft und zertifiziert werden. Zudem die üblichen Notraketen, EPIRB, Iridium-Satellitentelefon, eine sehr gut bestückte Apotheke, die auch Besteck und Morphium für Notoperationen enthält. Sehr häufig haben wir einen Arzt oder eine Krankenschwester unter den Crewmitgliedern.
Wir schleppen auch zehn professionelle Survival Suits mit, ohne die, die Rettungsinseln in der Arktis bloss die Wirkung einer Beruhigungspille hätten. Wir haben sie aber in erster Linie aus folgendem Grund angeschafft: Dringt man tief in die Fjorde Ostgrönlands ein – so tief wie wir es in der Regel tun – besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass das Schiff vom Packeis eingeschlossen wird und möglicherweise auch eingeschlossen bleibt. Im Unterschied zu den Walfängern im vergangenen Jahrhundert würden wir nach spätestens drei Tagen von einem Helikopter geborgen, vermutlich vom eingeschlossenen aber schwimmenden Schiff, vielleicht aber vom improvisierten Biwak nach einer Flucht ans Ufer, und im letzteren Fall wären die Survival Suits unentbehrlich.
Die Seetüchtigkeit und damit die Sicherheit einer Expeditionsyacht basiert aber nicht nur auf den obigen Aspekten und der Fähigkeit unbeschadet Prügel einzustecken, sei es von brechenden Wellen, Grundberührungen oder Kollisionen mit Eis, Walen, Baumstämmen (letztere Gefahr ist insbesonders auf der Strecke Tromsø–Spitzbergen präsent). Ebenso wichtig ist die Fähigkeit sich von einer bedrohlichen Leeküste und dies auch bei Starkwind und sehr ruppiger See. Dieses Thema sprengt diesen Rahmen, wer sich für die Seetüchtigkeit von Segelyachten interessiert, sei folgendes Standardwerk empfohlen: «Heavy Weather Sailing, 7th edition» von Peter Bruce. Hier sei nur gesagt, dass die Passage als Ocean Racer konzipiert (und zwar in einer Regatta-Ära, wo das Ankommen im Vordergrund stand und erst dann eine gute Platzierung) und uns während den 120 000 Seemeilen, die sie unter dem Kiel hat, nie im Stich gelassen hat.
Im Unterschied zur Passage – die ähnlich einem Esel ungerührt der Prügel weiter trottet – kommt die Mannschaft, mich eingeschlossen, bei langanhaltendem Starkwind – was sich bei den herbstlichen Nordatlantiktörns nicht immer vermeiden lässt – früher oder später an ihre Grenzen. Deswegen ist die Fähigkeit der Passage auch bei extremen Bedingungen sicher und stabil beizudrehen ein unverzichtbarer Sicherheitsaspekt. Achtet man bei der Routenplanung auf ausreichend Seeraum kann sich die Crew verköstigen und sich dann in die Kojen verkriechen, während das Schiff mit festgezurrtem Ruder und backstehendem Vorsegel mit dem Bug schräg zu den Wellen mit 2 bis 4 Knoten abdriftet.
KOMFORT:
Die «Passage» wurde als Ocean Racer für das 1990er «The Whitbread Round the World Race», dem Vorläufer des «The Ocean Race» konzipiert. Im Vordergrund standen die Seetüchtigkeit (EPIRB etc. gab es damals noch nicht) und die Segeleigenschaften und zuletzt der Komfort für die Crew. So wurde die gesamte Maschinerie (Motor, Generator, Batterien, Wassermacher, usw.) im Zentrum des Schiffes untergebracht, um die Stampfneigung des Schiffes bei Seegang zu minimieren. Die Crew muss infolgedessen auf einen auf Charteryachten üblichen Salon mit komfortabler Polstergarnitur, Esstisch und so weiter verzichten.
Nebst der spartanischen Skipperkabine im Bug, die ich mir mit allerlei Gerätschaften teile – mitunter auch mit nassen Segeln – , haben wir achterlich nur eine gängige Doppelkoje eingebaut, der Rest der Crew schläft auf segeltuchbespannten Rohrkojen, die bei Lage oder Seegang allerdings sehr komfortabel sind: Erstens, weil sich deren Neigung mittels Seilzügen ajustieren lässt, sodass man immer horizontal liegt und zweitens, weil diese Kojen nicht ganz im Heck, sondern nahe beim Drehpunkt des Schiffes positioniert sind. Letzteres verhindert, dass die Crew im Unterschied zum Bewohner der Skipperkabine beim Stampfen des Schiffes nicht wie ein Ping-Pong-Ball hoch und nieder geschleudert wird.
Um ein wenig Komfot zu bieten, haben wir eine leistungsstarke (8 Kilowatt) Eberspächer-Dieselheizung eingebaut, die das Schiff warm und trocken hält, zudem einen Warmwasserboiler, damit die Crew ab und zu warm duschen kann. Wir führen etwa 700 Liter Frischwasser mit, zudem einen leistungsfähigen Wassermacher, der je nach Salinität – die in den Fjorden aufgrund der schmelzenden Gletschern zunehmend geringer wird – zwischen 80 und 140 Liter Trinkwasser produziert. Damit wir es uns auch in kulinarischer Hinsicht gut geht, sind wir mit zwei grossen Tiefkühltruhen und einem Vierflammenherd mit Backofen ausgestattet, in dem regelmässig Brot und öfters auch Kuchen gebacken werden. Wir haben eigentlich immer den einen oder anderen, der oder die gerne und ausgezeichnet kocht, sodass wir bei leichten Bedingungen oder vor Anker leckere Zwei- oder Dreigangmenüs geniessen. Wein, Bier und Spirituosen haben wir auch dabei und wer rauchen will, kann dies im Cockpit tun.
SEETÜCHTIGKEIT UND SICHERHEIT:
Die Passage ist 18 Meter lang und 5 Meter breit. Die Länge erlaubt ihr eine anständige Rumpfgeschwindigkeit und die Breite unterstützt das aufrichtende Moment der 7 Tonnen Blei, die am Kiel – Tiefgang 3,1 Meter – angebracht sind. Sie kann deswegen sehr viel Segel tragen, ist bis zu einer Neignung von 155° selbstaufrichtend und kann in der Praxis nicht durchkentern. Der 23 Meter hohe Aluminiummast wird durch vier gelenkig gelagerte Salinge und durch ein «discontinous rod rigging» mit einer Spannung von 18 Tonnen stabilisiert. Baumniederholer, Achterstag, Innerstag und Babystag werden hydraulisch bedient. Die beiden letzteren erlauben, in Abstimmung mit den beiden über Winchen bedienten Backstagen, das kontrollierte Biegen des Mastes zwecks Flachtrimmung des Grosssegels bei Amwindkursen.
Das laufende Gut wird mittels 12 Winchen bedient, zwei davon – die Genoawinchen – können via Coffeegrinder bedient werden. Wir haben ein durchgelattetes Gross, dessen Vorliek mit kugelgelagerten Mastrutschern geführt wird, was Hissen, Bergen und Reffen erleichtert. Am Vorstag fahren wir eine 100%-Rollgenua, am Innerstag ein Starkwindsegel (bei ganz harten Bedingungen eine Sturmfock) und am Bugspriet können wir sehr leicht einen top down Code Zero setzen. Bei Flaute verlassen wir uns auf unseren neuen 75-PS-Volvo-Penta-Diesel, der seine Kraft an einen ebenfalls brandneuen 4-Blatt-Verstellpropeller von SPW weitergibt. Das Heck ist schmal und nicht voluminös, sodass es bei nachlaufender See durch den Auftrieb nicht angehoben wird und das Schiff nicht aus dem Ruder läuft. Der Preis, den man dafür zahlt: keine luxuriösen Kabinen mit Stehhöhe im Heckbereich, wie man sie von 15-Meter-Charteryachten kennt.
Rempler und Kollisionen mit Growlern (Bruchstücke von Eisbergen, die mehrere Zentner wiegen können) sind in der Arktis unvermeidlich, zumal wir grossen Wert darauf legen, bis tief in Fjorde unter Segel vorzudringen. Nach unseren sechs Expeditionen in die hohe Arktis, wobei wir zweimal bis über den achtigsten Breitengrad vorgestossen sind, sieht man dem Aluminiumrumpf der Passage auch an: Ihr Rumpf ähnelt mehr dem Antlitz eines alten Haudegens als dem Schneewittchenweiss einer Polyester-Charteryacht. Aluminium ist zwar duktiler als Stahl – d.h. es beult tiefer ein als Stahl, absorbiert jedoch mehr Kollisionsenergie bevor es einreisst.
Zusätzlich zum Kollisionsschott im Bug, das normalerweise als Ankerkasten dient (den wir aber auch weiter nach hinten verlegt haben), ist die Passage anstelle der üblichen Tür, die Salon und Vorschiff trennt, mit einem wasserdicht verschliessbarem Kollisionschott ausgestattet, welches das Schiff im Falle eines grossen Lecks im Bugbereich nicht nur schwimmfähig, sondern auch noch manövrierfähig halten würde. Man bewegt sich somit nicht aufrechten Hauptes, sondern jeweils in sehr, sehr gebückter Haltung vom Salon ins Vorschiff oder vice versa, was positiv betrachtet ein obligates Fitnessprogramm für die Mannschaft ist.
Der Verzicht auf einen mannshohen Durchgang erlaubt aber auch einen steifen Bulkhead, somit eine extrem solide Verbindung der Punkte, die bei Sturm die grössten Kräfte aufnehmen, namentlich der Püttinge, an denen die Wanten (discontinous rod rigging) auf jeder Seite mit 9 Tonnen vorgespannt sind, des Mastfusses, des Kielschweins (mit dem der Kiel mit 7 Tonnen Blei in 3 Meter Tiefe verschweisst und nicht etwa angebolzt ist). Diese bombenfeste Konstruktion schliesst den Verlust des Kiels – etwas vom Übelsten, was einem Segler zustossen kann – selbst bei sehr harten Grundberührungen oder Kollisionen mit Growlern praktisch aus.
Im Unterschied zu einem Langkieler ist unser Spatenruder – wie bei anderen auch – nur bedingt vom Kiel geschützt. Es ist allerdings eine extrem robuste Konstruktion. Das Blatt ist eine Aluminiumkonstruktion während der Chromstahlschaft einen Durchmesser von 14 cm aufweist und zudem auf grosser Länge – unten am Rumpf und oben auf Deckshöhe – gelagert ist. Seitdem wir 2014 im völlig vereisten Hafen von Illulissat bei jedem rückwärts Ablegen minutenlang mit voller Kraft tonnenschwere, ineinander verkeilte Growler mit dem Ruderblatt beiseite schieben mussten, ist mein Vertrauen in das Ruder immens gewachsen.
Seit der Titanic weiss man, kein Schiff ist unsinkbar. Selbstverständlich haben wir zwei Rettungsinseln dabei, eine 8-Mann und eine 4-Mann, die alle drei Jahre geprüft und zertifiziert werden. Zudem die üblichen Notraketen, EPIRB, Iridium-Satellitentelefon, eine sehr gut bestückte Apotheke, die auch Besteck und Morphium für Notoperationen enthält. Sehr häufig haben wir einen Arzt oder eine Krankenschwester unter den Crewmitgliedern.
Wir schleppen auch zehn professionelle Survival Suits mit, ohne die, die Rettungsinseln in der Arktis bloss die Wirkung einer Beruhigungspille hätten. Wir haben sie aber in erster Linie aus folgendem Grund angeschafft: Dringt man tief in die Fjorde Ostgrönlands ein – so tief wie wir es in der Regel tun – besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass das Schiff vom Packeis eingeschlossen wird und möglicherweise auch eingeschlossen bleibt. Im Unterschied zu den Walfängern im vergangenen Jahrhundert würden wir nach spätestens drei Tagen von einem Helikopter geborgen, vermutlich vom eingeschlossenen aber schwimmenden Schiff, vielleicht aber vom improvisierten Biwak nach einer Flucht ans Ufer, und im letzteren Fall wären die Survival Suits unentbehrlich.
Die Seetüchtigkeit und damit die Sicherheit einer Expeditionsyacht basiert aber nicht nur auf den obigen Aspekten und der Fähigkeit unbeschadet Prügel einzustecken, sei es von brechenden Wellen, Grundberührungen oder Kollisionen mit Eis, Walen, Baumstämmen (letztere Gefahr ist insbesonders auf der Strecke Tromsø–Spitzbergen präsent). Ebenso wichtig ist die Fähigkeit sich von einer bedrohlichen Leeküste und dies auch bei Starkwind und sehr ruppiger See. Dieses Thema sprengt diesen Rahmen, wer sich für die Seetüchtigkeit von Segelyachten interessiert, sei folgendes Standardwerk empfohlen: «Heavy Weather Sailing, 7th edition» von Peter Bruce. Hier sei nur gesagt, dass die Passage als Ocean Racer konzipiert (und zwar in einer Regatta-Ära, wo das Ankommen im Vordergrund stand und erst dann eine gute Platzierung) und uns während den 120 000 Seemeilen, die sie unter dem Kiel hat, nie im Stich gelassen hat.
Im Unterschied zur Passage – die ähnlich einem Esel ungerührt der Prügel weiter trottet – kommt die Mannschaft, mich eingeschlossen, bei langanhaltendem Starkwind – was sich bei den herbstlichen Nordatlantiktörns nicht immer vermeiden lässt – früher oder später an ihre Grenzen. Deswegen ist die Fähigkeit der Passage auch bei extremen Bedingungen sicher und stabil beizudrehen ein unverzichtbarer Sicherheitsaspekt. Achtet man bei der Routenplanung auf ausreichend Seeraum kann sich die Crew verköstigen und sich dann in die Kojen verkriechen, während das Schiff mit festgezurrtem Ruder und backstehendem Vorsegel mit dem Bug schräg zu den Wellen mit 2 bis 4 Knoten abdriftet.
Die Passage ist kein Eisbrecher, aber sie steckt einiges klaglos weg.
Blick vom Niedergang auf den Salon. Vorne rechts die Luke zum Vorschiff.
Bei einer Regattacrew von 12 Personen wird's allzueng – auf Arktistörns beschränken wir uns auf acht bis maximal zehn.
Blick vom Vorschiff nach achtern – im Hintergrund die Luke zum Salon.
Auch nördlich vom Polarkreis kann man Luxus improvisieren.
Bombenfestes Aluminiumruder mit Chromstahlschaft hat 14 cm Durchmesser.
Beim Rückwärts-Ablegen und mit dem Ruder die Growler wegschieben.