Segelverein MARE INCOGNITA
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Was bisher geschah –
​berichte von vergangenen Törns!

25.08.–10.09.2022: Scoresby – Akureyri

16/9/2022

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Von Leonie Schmid und Michael T. Ganz. Vom Flughafen geht es erneut nach Ittoqqortoormiit. Hier bleiben wir zwei Nächte, denn ich möchte auch mal das Dorf sehen und nicht nur duschen gehen. Doch daraus wird wieder nichts. Ich versuche vielmehr, eine Bewilligung zum Befahren des weiter nördlich gelegenen Nationalparks zu bekommen; das kostet viel Zeit. Ich werde von einer Telefonnummer an die nächste verwiesen und erfahre am Ende, dass wir uns vor drei Monaten hätten anmelden müssen. Was soll’s. In Scoresby und Umgebung gibt es noch genug schöne Ecken zum Entdecken.
 
Unser erstes Ziel ist der Nordwestfjord. Der Wind ist laut Prognose wenig zuverlässig. So legen wir denn einfach mal ab – und zu unserer Überraschung bläst es den ganzen Tag konstant aus Osten. Dies bringt uns mit gutem Speed über 100 Meilen bis zum Eingang des Fjords, wo wir kurz vor Sonnenuntergang in einer gut geschützen Bucht vor Anker gehen. Weiter draussen gleiten die richtig grossen Eisberge aus dem Nordwestfjord vorbei.
 
Dann geht es weiter in den Fjord hinein. Die Aussichten auf Ankerplätze sind schlecht. Zwar sind zwei Optionen angegeben, doch bei der herrschenden Eissituation weiss man nie. Wir lassen unsere Drohne steigen; vielleicht zeigen uns die Bilder, wo wir ankern könnten. Das Wasser ist klar genug, um den Untergrund bis auf zehn Meter Wassertiefe erkennbar zu machen. Doch wo die Topologie auf den ersten Blick vielversprechend aussieht, fällt der Grund sehr steil ab – kein guter Ankerplatz. Nahe der kleinen Insel nebenan sieht es besser aus. Zum ersten Mal seit Monaten können wir «nur» 30 Meter Kette stecken, und dies erst noch in festem sandigem Schlamm. Das Schiff hält bombenfest.
 
Und so geniessen wir die Ruhe im Fjord am Rand des Nationalparks. Einmal mehr ist die Stimmung magisch: Berge, Eis, das nordische Licht und die absolute Stille. Leider hält die Magie nicht lange. In der Nacht kommt Wind auf; einmal mehr fällt er vom Eispanzer herunter, genau aus der Richtung, zu welcher sich die Bucht hin öffnet. Obwohl ich fast sicher bin, dass der Anker hält, verlassen wir die Insel zur Sicherheit noch in der Nacht. Das Erlebnis der letzten Woche hat mich etwas vorsichtiger werden lassen. Das erste Tageslicht lässt die Bergspitzen leuchten und erhellt bald auch die «Passage». Wir nutzen die Zeit, um ein Mütze-über-Bord-Manöver unter Segeln zu üben: Die versehentlich reingefallene Kappe wird erfolgreich und klatschnass geborgen. Nochmals besuchen wir die Bucht mit dem grossen Gletscherabbruch. Als wir am nächsten Morgen Eisblumen auf der Wasseroberfläche entdecken, ist klar: Bald ist es Zeit, dass wir hier verschwinden, sonst frieren wir fest. So geht es wieder zurück nach Ittoqqortoormiit.
 
Um angesagten Starkwind aus Norden abzuwettern, legen wir in Ittoqqortoormiit eine Pause ein, bevor wir nordwärts zur Halbinsel Liverpool Land segeln. Ausnahmsweise stimmen die Prognosen: In der Nacht werfen uns Böen hin und her, die Ankerkette kratzt über den steinigen Grund. Dreimal prüfe ich, ob die «Passage» driftet, dreimal kann ich beruhigt sein – dennoch ist in meiner Vorkabine an Schlaf nicht zu denken. Am Morgen beruhigt sich das Wetter, und wir nutzen den Restwind, um in See zu stechen.
 
Liverpool Land hat einige vorgelagerte Inseln und kleinere Gletscherabbrüche. Nahe eines solchen ankern wir für die erste Nacht und gehen an Land, um auf dem Gletschergeröll ein Stück hochzusteigen. Der nächste Tag führt uns zwischen Inseln hindurch und an Gletschern vorbei in eine traumhaft schöne Bucht. Das viele Schwemmholz bringt uns auf die Idee, ein Feuer zu machen. So geniessen wir zum Apero gebratene Würstchen und Toast vom heissen Stein. Die Glut wärmt uns bis Sonnenuntergang.
 
Am nächsten Tag drehen wir um. Weitere 40 Meilen nach Norden zu fahren und dann die ganze Strecke zurück zu motoren, gelüstet niemanden. Der Wind macht sich einmal mehr rar, dafür herrscht herrliches Wetter. So enden wir in einer nahe gelegenen, eher offenen Bucht. Die flachen rolligen Wellen erschweren das Anlanden, doch wir lassen uns nicht einschüchtern. Trotz nasser Hosenbeine lohnt sich die anschliessende Entdeckungstour zur verlassenen Jagdhütte vollauf.
 
Weiter südlich erwischen wir wieder Wind. Als er zunimmt, reffen wir das Gross. Dann zieht Nebel auf, der Wind wird stärker. Diesmal verkleinern wir nicht nur das Gross, wir wechseln auch aufs Stagsegel. Es bläst mit 40 Knoten – eigentlich Zeit, um in einen Fjord zu flüchten und abzuwettern. Doch die Crew entscheidet sich dafür, die 20 Meilen bis ums Kap zu meistern. Nach einer gefühlten Ewigkeit mühsame Stampfens biegen wir ab in den Sund nach Ittoqqortoormiit, und kurz darauf verschwinden Nebel und Wind. Vor Anker und bereits im Schlafanzug, kommt die nächste Aufregung: Feuerwerk über dem Dorf! Ittoqqortoormiit feiert sein 50jähriges Bestehen. Endlich in der Koje, weckt mich die klagende Grossschot. Um dem Lärm ein Ende zu machen, gehe ich nach draussen – und sehe einen Himmel voll von grünem Licht. Ein lautes «Wow» entfährt mir, und bald steht die ganze Crew an Deck.
 
Dann wird es weniger romantisch. Dunkle Wolken, Wind auf die Nase, das Schiff stampft beim Aufkreuzen, der Eimer macht die Runde. So bringen wir die «Passage» langsam nach Süden, von wo wir uns einen besseren Winkel für die Überfahrt nach Island erhoffen. Im Morgengrauen steuern die wenigen Überlebenden das Boot gekonnt in einen untiefen, aber geschützten Fjord hinein. Wir erholen uns von den Strapazen und würden gerne noch zu den nahe gelegenen heissen Quellen fahren. Ob wir die innere Passage schaffen? Vorsichtig tasten wir uns zwischen Insel und Festland vor. Doch unsere Vorsicht reicht nicht: Die «Passage» läuft heftig auf Grund. Strömung und Wind helfen uns nicht, frei zu kommen. Nach mehreren Drohnenflügen, Manövern mit beiden Ankern, immer neuen Schlachtplänen und vier Stunden Arbeit gelingt es uns, den Rumpf in die richtige Richtung zu drehen. Endlich ist der Kiel wieder frei. Die heissen Quellen lassen wir alleine vor sich hindampfen und tuckern zurück zum Ankerplatz.
 
Am Morgen geht’s los. Noch bläst es mit 20 Knoten, jedoch abnehmend. Wir können einen schnellen Amwindkurs anlegen, zudem haben wir ja jetzt Übung. Zur Mitte der Danmark Strait hin wird die Fahrt immer angenehmer und schneller; nach 24 Stunden haben wir die Hälfte der Strecke geschafft. Kurz schläft der Wind ein und dreht dann um 90 Grad. Weiter geht’s auf dem anderen Bug. Bei Sonnenuntergang erreichen wir die Mündung des Fjords, setzen für eine halbe Stunde noch Code Zero und schiessen kitschige Fotos. Dann macht sich bald wieder grünes Licht am Himmel breit. Bei Vollmond kreuzen wir in den Fjord hinein, und Volvo stösst uns noch die letzten Meilen bis nach Akureyri.
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